Beurteilung und Befund
Quantitative Beurteilung und neurologischer Kurzbefund
Abweichungen in der in den Lagereaktionen zu erwartenden posturalen Reaktibilität können quantitativ in der Zahl der gestörten Teilmuster beschrieben werden. Dabei wird von einer denkbaren höchstmöglichen Qualität bei der Gestaltung des globalen Musters, dem „idealen Muster“, ausgegangen. Wird in einer Lagereaktion die „Idealität“ nicht erreicht, so bezeichnen wir diese Lagereaktion dementsprechend als „nicht ideal“ absolviert.
Dafür ist bereits ein gestörtes Teilmuster ausreichend. Die Gründe für eine derartige Abweichung können vielfältig sein. Die Wahrscheinlichkeit einer prospektiv krankheitswertigen Störung wächst jedoch mit der Anzahl der gestörten Teilmuster. Mit wachsender Zahl gestörter Teilmuster wächst auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich dieser Sachverhalt in mehreren (oder allen) Lagereaktionen niederschlägt.
Das ZNS ist dann nur unvollkommen dazu in der Lage, mit den in der Lagereaktion zugeflossenen Afferenzen Zugang zum angeborenen „Vorrat“ suffizienter Haltungs- und Bewegungsmuster zu schaffen. Deshalb sprechen wir von einer „Zentralen Koordinationsstörung“ (ZKS).
Unter pragmatischen Gesichtspunkten im Hinblick auf die Therapie wird unterschieden zwischen:
- Leichteste ZKS 1–3 abnorme Lagereaktionen
- Leichten ZKS 4–5 abnorme Lagereaktionen
- Mittelschwere ZKS 6–7 abnorme Lagereaktionen
- Schwere ZKS 7 abnorme Lagereaktionen und zusätzlich schwere Tonusstörung
Zur Beurteilung der Prognose einer ZKS muss die Dynamik der Neugeborenenreflexe (sog. Primitivreflexe) berücksichtigt werden. Die Bezeichnung „ZKS“ ist deshalb nicht synonym mit „Zerebralparese“ oder „zerebralparetische Bedrohung“. Jenseits der Zeit, in der die Neugeborenenreflexe normalerweise beobachtet werden, ist die im Hinblick auf die Individualprognose offene Bezeichnung „ZKS“ zu präzisieren. Man unterscheidet dann Haltungsmängel, zerebralparetische Bedrohung und fixierte Zerebralparese.
Das im Hinblick auf die Gestaltung der Lagereaktionen wichtige Einteilungskriterium „ZKS“ ist keine nosologische Diagnose.