Schutzkonzept „Prävention (sexualisierter) Gewalt“
(erstellt von der Internationalen Vojta Gesellschaft e. V.)
Stand: Mai 2025
Vorwort
Die Internationale Vojta Gesellschaft e.V. (IVG) ist eine Fachgesellschaft, in der sich Vojta-Lehrkräfte aus Physiotherapie und Medizin international zusammengeschlossen haben, um das Vojta-Prinzip in der Frühdiagnostik und Therapie von Kindern und Erwachsenen mit Bewegungsstörungen zu fördern.
Wir bilden PhysiotherapeutInnen und ÄrztInnen weiter und führen im Rahmen der Fort-und Weiterbildung Patientenbehandlungen durch. Ein achtsamer und wertschätzender Umgang mit allen Menschen liegt uns am Herzen.
Das Schutzkonzept der IVG bezieht sich auf alle Mitglieder und Lehrpersonen, wissenschaftliche MitarbeiterInnen, KursteilnehmerInnen, PatientInnen und Familienangehörige.
Das Schutzkonzept bezieht sich auf alle persönlichen Rechte und deren Grenzverletzungen, die im Kontext der Weiterbildungsmaßnahmen, Forschungsprojekte oder weiterer Aktivitäten der IVG stehen.
Wir möchten eine Kultur der Achtsamkeit, des Respekts und der Wertschätzung füreinander pflegen. Dieser Anspruch erfordert eine hohe Sensibilität und eine fortwährende Anwendung und Evaluation.
Das Schutzkonzept dient der sensiblen und systematischen Prävention von (sexualisierter) Gewalt sowie dem sicheren Umgang mit Verdachtsfällen.
Siegen, den 28.05.2025
1. Einführung
Verabschiedet in der Mitgliederversammlung am 29.03.2025
Konzepte zum Schutz von Kindern, Jugendlichen sowie Erwachsenen für die Seminare und Weiterbildungen der Internationalen Vojta Gesellschaft e. V. sind als erkennbarer Qualitätsentwicklungsprozess zu verstehen. Sie sollen dazu beitragen, Haltungen und Verhalten zu reflektieren und dadurch zu handlungsleitenden Orientierungen führen.
Inhalt des Schutzkonzeptes sind strukturelle und prozessorientierte Maßnahmen zur Vermeidung von sexualisierter, psychischer und physischer Gewalt und Handlungsanweisungen im Verdachtsfall unter anderem einer Kindeswohlgefährdung.
Durch ein achtsames Miteinander sollen transparente, nachvollziehbare und kontrollierbare Strukturen und Prozesse zur Gewaltprävention geschaffen werden.
Mit dem vorliegenden Schutzkonzept soll für mögliches übergriffiges Verhalten oder Strafbestände sensibilisiert werden und im Verdachtsfall Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt werden.
Nachfolgend eine kurze Klärung der Begrifflichkeiten.
1.1 Definition
Eine Person ist sexualisierter Gewalt ausgesetzt, wenn sie von Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen zu körperlichen oder verbalen sexuellen Handlungen veranlasst oder diesen ausgesetzt wird. Der/die TäterIn verletzt die Intimsphäre einer Person und befriedigt sein/ihr Machtbedürfnis aufgrund eines Macht- oder Generationengefälles und/oder der Abhängigkeit der betroffenen Person durch sexuelle Handlungen.
Es werden folgende Formen unterschieden:
- Grenzverletzungen, Annäherungen, Bloßstellungen, Missachtung von Schamgrenzen, unangemessene Fragen
- massive und häufige Grenzverletzungen, psychische und/oder körperliche Übergriffe
- Strafrechtlich relevante Formen von Gewalt: sexuelle Gewalt, sexuelle Handlungen, sexueller Missbrauch
2. Umgangsformen, Leitbild und Kultur der Achtsamkeit
2.1 Umgangsformen
Die Internationale Vojta Gesellschaft e. V. setzt sich für das Wohlergehen aller Mitglieder, ReferentInnen, Kurs-TeilnehmerInnen und Kurs-PatientInnen, insbesondere der ihr anvertrauten Kinder, Jugendlichen sowie schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen, ein. Sie sollen ohne Gewalt und Diskriminierung behandelt werden. Dazu müssen sie im Fort- und Weiterbildungskontext, während der Therapie und Diagnostik, Unterstützung und Schutz durch die Verantwortlichen erfahren. Unsere Mitglieder, ReferentInnen, PatientInnen, Eltern / Bezugspersonen und KursteilnehmerInnen haben ein Recht darauf, respektvoll behandelt zu werden. Der wertschätzende Umgang mit allen Menschen steht für uns an erster Stelle.
2.2 Leitbild
Wer wir sind
Wir, die Internationale Vojta Gesellschaft e. V. (IVG), sind eine Fachgesellschaft, in der sich Vojta-Lehrkräfte aus der Physiotherapie und Medizin international zusammengeschlossen haben. Jeder und jede von uns verfügen über langjährige Erfahrung in der Physiotherapie oder in der Medizin im Kinder- und / oder Erwachsenenbereich mit dem Fokus auf der sensomotorischen Förderung und Rehabilitation.
Gemeinsam legen die Mitglieder Standards für die Fort- und Weiterbildung in der Vojta-Methode für ÄrztInnen und PhysiotherapeutInnen fest und unterstützen den Aufbau von Therapiezentren für Kinder und Erwachsene in der ganzen Welt.
Wir regen Forschungsprojekte zur Frühdiagnostik und Therapie von bewegungsgestörten Säuglingen, Kindern und Erwachsenen an und gestalten bzw. unterstützen solche Projekte. Zusätzlich entsenden wir FachreferentInnen auf internationale Kongresse und Symposien, um das Vojta-Prinzip bekannt zu machen.
Was uns wichtig ist
Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke und hat sich in seiner Satzung zur Förderung und Anwendung des Lokomotionsprinzips in der Diagnostik und Therapie nach den von Prof. Vojta entwickelten wissenschaftlichen Erkenntnissen besonders verpflichtet.
Das Vojta-Prinzip findet Anwendung in der Frühdiagnostik und Therapie von Kindern sowie bei Erwachsenen mit zentralen Schädigungen und anderen sensomotorischen Beeinträchtigungen.
Wir gehen auf die persönlichen und vielfältigen Lebenssituationen der Menschen ein. PatientInnen, Eltern / Bezugspersonen, KursteilnehmerInnen sowie Mitglieder und Referentinnen erfahren Achtung, Wohlwollen und Anerkennung. Wir handeln verantwortungsvoll, arbeiten offen, glaubwürdig und verlässlich zusammen und gehen konstruktiv mit unseren Fehlern um. So lernen wir von- und miteinander, um uns stetig weiter zu entwickeln.
Was uns ausmacht
Der regelmäßige internationale Erfahrungsaustausch aller LehrtherapeutInnen ist die Basis einer einheitlichen Aus- und Weiterbildung von PhysiotherapeutInnen und ÄrztInnen in der Diagnostik und entwicklungskinesiologischen Behandlung nach Vojta bei bewegungsgestörten Säuglingen, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse werden berücksichtigt und in die Therapie implementiert.
Grenzüberschreitungen jeglicher Art werden nicht toleriert. Wir möchten Kindern, Jugendlichen sowie schutz- oder hilfebedürftige Erwachsene in unserer Arbeit darin unterstützen, die Fähigkeit zu entwickeln, achtsam und aufmerksam zu werden. Sie sollen auf ihre „innere Stimme“ hören und auf ihre Intuition vertrauen können.
Wir sind achtsam, wenn es PatientInnen nicht gut geht (Verletzungen, auffällig dünn oder ungepflegt). Zeigt er/sie stark veränderte Verhaltensweisen, haben wir es im Blick und beobachten das Verhalten (auch über einen längeren Zeitraum). Falls nötig holen wir uns die Meinung einer/s zweiten Verantwortlichen mit ein.
Wir tolerieren kein abwertendes sexistisches, diskriminierendes und gewalttätiges Verhalten (egal ob verbal oder nonverbal) und beziehen dagegen Stellung.
Wo wir hinwollen
Wir setzen uns für eine zukunftsorientierte Entwicklung ein, um den sich wandelnden Bedürfnissen der Gesellschaft proaktiv und wirkungsvoll zu begegnen.
Dafür bilden sich unsere Mitglieder und ReferentInnen kontinuierlich weiter. Somit können wir Fortbildungsseminare für ausgebildete PhysiotherapeutInnen, Vojta-TherapeutInnen und ÄrztInnen auf hohem fachlichem und menschlichem Niveau bieten und weiterhin wissenschaftliche Forschung fördern.
3. Selbstverpflichtungserklärung
Hiermit versichere ich, dass ich nicht wegen einer Straftat nach
§ 171 StGB (Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht), §§ 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i, 184j, 184k, 184l (Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung), 201a Abs. 3 StGB (Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen), § 225 StGB (Misshandlung von Schutzbefohlenen), §§ 232 bis 233a, 234, 235, 236 StGB (Straftaten gegen die persönliche Freiheit) rechtskräftig verurteilt worden bin und auch keine entsprechenden Verfahren gegen mich anhängig sind. Im Rahmen dieser Erklärung verpflichte ich mich dazu, die IVG über die Einleitung eines entsprechenden Verfahrens zu informieren.
Zudem verpflichte ich mich zu folgenden Verhaltensweisen:
Ich begegne Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit wertschätzendem und vertrauensvollem Verhalten und achte ihre Rechte und ihre Würde.
Ich wahre die Intimsphäre und die persönlichen Schamgrenzen der mir anvertrauten Kinder, Jugendlichen sowie schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen.
Ich schütze die mir anvertrauten Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen vor Schaden, Gefahren, Missbrauch und Gewalt.
Ich nehme die individuellen Empfindungen der Kinder, Jugendlichen sowie schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen zu Nähe und Distanz gegenüber anderen Menschen ernst und respektiere ihre persönlichen Grenzen.
Ich nehme Grenzüberschreitungen gegenüber Schutzbefohlenen durch andere Mitarbeitende und Teilnehmende bei Angeboten und Aktivitäten bewusst wahr und spreche meine Wahrnehmung unmittelbar bei den Beteiligten offen an. Bei schweren oder wiederholten Grenzverletzungen informiere ich die IVG über den Sachverhalt.
Abwertendes sexistisches, diskriminierendes und gewalttätiges verbales und nonverbales Verhalten toleriere ich nicht und beziehe dagegen Stellung.
Selbstverpflichtungserklärung als PDF zum Ausdrucken
4. Information und Handlungsleitlinien
Die Internationale Vojta Gesellschaft e.V. führt regelmäßig Informationen/Schulungen zum Thema „Prävention sexualisierter Gewalt“ für LehtherapeutInnen durch oder schickt diese zu Schulungen.
Die Handlungsleitlinien im Verdachtsfall sind allen LehrtherapeutInnen und LehrassistenInnen der IVG e. V. bekannt und können auf der Homepage (www.vojta.com) eingesehen werden.
Wir stellen auf unserer Homepage unter www.vojta.com für alle Vereinsmitglieder und auch das gesamte Umfeld entsprechende Informationen zum Thema Prävention sexualisierter Gewalt und die Meldekette zur Verfügung.
Die Meldekette (siehe unter 4.3.) wird den Verantwortlichen durch Aushänge und regelmäßige Besprechungen in den Sitzungen bekannt gegeben.
4.1 Schutzvereinbarung
Mit dieser Schutzvereinbarung regeln wir Situationen, die Übergriffe ermöglichen. Die Schutzvereinbarung ist auf unserer Homepage einsehbar.
Zum 01.09.2025 wird die Umsetzung der Selbstverpflichtungserklärung von allen LehrtherapeutInnen und LehrassistenInnen, sowie ReferentInnen der IVG e. V. unterzeichnet. Zudem werden alle Teilnehmenden von Fort- und Weiterbildungen der IVG e.V. die Selbstverpflichtungserklärung unterzeichnen, ein entsprechender Hinweis befindet sich auch in den Teilnahmebedingungen.
Wir wollen die Selbstverpflichtungserklärung folgendermaßen umsetzen:
Körperkontakt
Körperkontakt findet nur für die Dauer und zum Zweck der Therapie und Diagnostik statt oder im Rahmen der Weiterbildung für das praktische Üben der Teilnehmenden untereinander. Notwendigkeit und Art und Weise des Kontaktes wird ggf. vorab erklärt und das mündliche Einverständnis eingeholt.
Umkleiden
Kann sich der Patient nicht alleine aus- oder umkleiden, so wird dies von den Eltern / Bezugspersonen oder nach vorheriger Absprache von den LehrtherapeutInnen bzw. KursteilnehmerInnen übernommen. Während der Diagnostik und Therapie tragen die PatientInnen altersentsprechende sportliche Kleidung (kurze Sporthose und Sport BH). Säuglinge und Kleinkinder tragen Windeln oder kurze Hosen.
Gang zur Toilette
Kinder oder schutzbefohlene Erwachsene, die beim Toilettengang Hilfe benötigen, werden von einem Elternteil/einer Bezugsperson begleitet; sind diese nicht anwesend, wird mit den Patienten, deren Eltern/Bezugspersonen abgesprochen, was und wie geholfen werden kann und muss.
Geheimnisse
Wir teilen mit Kindern, Jugendlichen sowie schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen keine Geheimnisse. Alle Absprachen werden transparent gemacht.
Geschenke
Es werden keine Geschenke gemacht oder angenommen.
Transparenz der Regelungen
Wird von der Schutzvereinbarung aus wohlüberlegten Gründen abgewichen, wird dies in der Mitgliederversammlung der IVG e. V. mitgeteilt. Dabei sind die Gründe kritisch zu diskutieren. Erforderlich ist eine Einvernehmlichkeit aller Beteiligten über das sinnvolle und nötige Abweichen von der vereinbarten Schutzvereinbarung.
4.2 Mitglieder und Kontaktpersonen beteiligen/einbeziehen
Wir nehmen die Meinung von Kindern, Jugendlichen sowie schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen ernst, respektieren ihre Grenzen und lassen ihnen Freiheiten so sein zu können, wie sie sind. Hier beziehen wir uns unter anderem auf die die UN-Konvention über die Rechte des Kindes und der Patientenrechte (§ 630a bis § 630h BGB).
Über das vorliegende Schutzkonzept informieren wir Mitglieder, KursteilnehmerInnen, Eltern und PatientInnen auf unserer Homepage.
4.3 Notfallplan und Meldekette
Wenn ein Kind, Jugendlicher oder Erwachsener (PatientIn oder KursteilnehmerIn) von Grenzüberschreitungen, Übergriffen oder sexualisierter Gewalt berichtet, Vermutungen oder einen konkreten Verdacht äußert, halte Dich an folgende Schritte:
> Zuhören und ernst nehmen
Höre aufmerksam zu. Signalisiere, dass es okay ist, über das Erlebte zu sprechen. Es kann sein, dass Dir zunächst nur ein kleiner Teil erzählt wird. Akzeptiere, wenn der/die Betroffene nicht weitersprechen will. Glaube ihm/ihr und nimm sie/ihn ernst. Spiele nichts herunter. Versichere, dass er/sie keine Schuld an dem Erlebten hat.
> Weiteres Vorgehen mit dem/der Betroffenen klären
Behandle das Gespräch vertraulich, aber mach deutlich, dass Du Unterstützung und Rat holen wirst. Beziehe ihn/sie altersangemessen mit ein und informiere ihn/sie über Dein weiteres Vorgehen.
> Sachverhalt dokumentieren
Protokolliere genau und zeitnah, was Dir berichtet wurde bzw. was Du gehört oder gesehen hast. Vermeide eigene Interpretationen. Im Fall eigener Vermutungen überlege, auf welchen Beobachtungen diese beruhen und dokumentiere entsprechende Anhaltspunkte.
> Rat und Unterstützung holen
Wende Dich an eine Vertrauensperson, die verantwortliche Leitung oder eine andere Beratungsstelle. Auch wenn Du unsicher bist, ob Deine Vermutung berechtigt ist, können Fachkräfte Dir helfen, Deine Beobachtungen zu sortieren. Sie beraten Dich, welche Schritte als nächstes sinnvoll sind und welche Stellen informiert werden müssen.
> Weitere Beratungsstellen
> Beachte allgemein
Bewahre Ruhe. Überstürze nichts. Stelle keine eigenen Nachforschungen an. Kontaktiere auf keinen Fall den oder die Beschuldigte/n. Bringe nichts an die Öffentlichkeit. Opferschutz steht an erster Stelle. Hole Dir dazu Hilfe und Unterstützung.
Meldekette
Die Meldekette sieht folgendermaßen aus:
Der Vorstand und die Mitglieder der IVG sind sich ihrer Verantwortung bewusst. Die Schutzbeauftragte und der 1. Vorsitzende bzw. der Vorstand ist über jeden konkreten Verdachtsfall im Verein unmittelbar in Kenntnis zu setzen.
4.4. Schutzbeauftragte
Bei konkreten Verdachtsfällen steht die Schutzbeauftragte Bettina Menzen unter der Telefonnummer 0178/8764438 und über die email-Adresse